Endlich vereint

Firma macht sich für afghanischen Mitarbeiter stark – Parteiübergreifender Einsatz

VON TANJA LÜHR, Isar Loisachbote am 30./31.07.2022

Münsing – Rahman (Name geändert) erinnert sich noch genau an die Ankunftszeit: Es war am 15. Februar diesen Jahres um 11.30 Uhr, als seine Frau mit den beiden Kindern am Flughafen in München landete. Überglücklich fiel die Familie sich in die Arme. Rahman konnte nicht glauben, wie groß seine Tochter und sein Sohn geworden waren. Er hatte sie sechs Jahre lang nicht gesehen.

Dies ist die Geschichte eines Familiennachzugs, aber auch die Geschichte einer erfolgreichen schwarz-grünen politischen Zusammenarbeit im Landkreis. Weil die afghanische Familie in ihrer Heimat politisch verfolgt wird, hat unsere Zeitung ihre Namen geändert. Auch die Münsinger Firma, die alle Hebel in Bewegung setzte, um den Nachzug zu organisieren, muss anonym bleiben.

Rahman, 2015 als Asylbewerber nach Deutschland gekommen, arbeitet seit 2020 bei dem mittelständischen Betrieb. Seine Lehre schloss er mit der Bemerkung im Berufsschulzeugnis „Er überzeugte durch sehr gute Mitarbeit, Fleiß und großen Arbeitseinsatz“ ab. Das kann der Juniorchef, der den jungen Mann ausbildete, nur unterschreiben. Weil er seinen ausländischen Mitarbeiter sowohl fachlich als auch menschlich von Anfang an schätzte, war er gerne bereit, ihm beim Nachzug seiner Familie, die in den Iran geflüchtet war, zu helfen. Worauf der Firmenchef und seine Eltern sich damit eingelassen hatten, konnten sie vor gut einem Jahr nicht ahnen.

„Mindestens 50 E-Mails habe ich an die Behörden in Deutschland und Teheran geschrieben und ebenso viele Telefonate geführt“, sagt der Vater. Der Familienbetrieb war bereit, alle Kosten zu übernehmen, von der Ausreise bis zum Flug und der Unterkunft im Landkreis. Doch ein Problem bestand darin, dass Rahman trotz sicheren Jobs keine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Eine Klage gegen die Ablehnung läuft noch. Einstweilen erreichte Rahmans Rechtsanwalt zumindest ein Abschiebungsverbot.

Die Firmeninhaber schalteten in ihrer Verzweiflung den CSU-Landtagsabgeordneten aus dem Wahlkreis, Martin Bachhuber, ein. Dessen Referent André Liebl kümmerte sich um die Angelegenheit. Ohne Scheu wandte sich der Schwarze an den Grünen-Bundestagsabgeordneten Karl Bär aus Holzkirchen. Der schickte prompt darauf eine E-Mail mit den Worten „Ich habe mit Annalena (Außenministerin Baerbock, Anmerkung der Redaktion) schon gesprochen“. Schließlich leistete sogar noch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, ein gebürtiger Iraner, parteiübergreifende Amtshilfe. Nachdem Rahmans Frau zunächst für wenige Tage nach Afghanistan zurückkehren musste, da sie sich illegal im Iran aufhielt, bekam sie die Erlaubnis, mit ihren kleinen Kindern nach Deutschland auszureisen.

Alle Beteiligten lobten bei einem Treffen mit unserer Zeitung in der Münsinger Firma am Freitag das Tölzer Landratsamt. Zu Beginn noch nicht ganz so kooperativ, habe die Behörde schließlich einen „doch sehr deutlichen Brief“ an die Botschaft in Teheran geschrieben mit der Aufforderung, die afghanische Familie ausreisen zu lassen, berichtet der Münsinger Unternehmenschef. Für ihn hat sich die Mühe („ein bürokratischer Wahnsinn“) auf jeden Fall gelohnt. Nicht nur, dass er wie alle Handwerker dringend Fachkräfte sucht. Das Engagement seiner Familie habe ihm auch gezeigt, dass „mit Hartnäckigkeit und mit Hilfe der Politik“ im einen oder anderen Fall eine glückliche Lösung gefunden werden könne, sagt er.

Was Rahmans Familie – sehr freundliche, bescheidene Menschen, die für das Treffen extra afghanische Spezialitäten zubereitet haben – nun noch dringend benötigt, ist eine kleine Wohnung im Landkreis. Die Vier leben vorübergehend in dem einen Zimmer, das Rahman von seinem Chef zur Verfügung gestellt bekommen hat. André Liebl bietet an, dass potenzielle Vermieter sich an das Büro von Martin Bachhuber in Bad Heilbrunn wenden dürfen.